Image credit: © 2024 Alex Glawion
Erfahren Sie, wie Alex Glawions Kurzfilm “Patterns” die Zuschauer auf eine emotionale Achterbahnfahrt durch die Zugfahrt eines Passagiers mitnimmt. Anfangs optimistisch, versinkt seine Reise aufgrund von Lärm und Unhöflichkeit im Chaos. Auf der Suche nach Zuflucht setzt er Kopfhörer auf und flüchtet in eine lebendige, gemusterte Welt. Dort hebt die spielerische Interaktion einer lebhaften Frau seine Stimmung. Obwohl die Realität kurzzeitig ihr Grau zurückerobert, erneuert ein herzerwärmendes Wiedersehen am Zielort seine Wertschätzung für die verborgenen, farbenfrohen Momente des Lebens, erhellt seinen Tag und wirkt sich positiv auf diejenigen aus, die den Austausch miterlebt haben.
SIGGRAPH: **”Patterns” ist ein großartiges Beispiel dafür, wie Grafik als Medium für das Geschichtenerzählen genutzt werden kann. Der Protagonist reist in dem Kurzfilm. Wohin pendelt der Protagonist zu Beginn? Zur Arbeit, auf eine Reise, irgendwo anders hin? Entscheidet der Zuschauer das? Wie setzt das die Szene?**
Alex Glawion (AG): Die Protagonisten treffen sich jedes Wochenende auf halbem Weg und teilen sich die Reisestrecke, um ihre Beziehung aufrechtzuerhalten. Da der Film nur die Perspektive des Hauptprotagonisten zeigt, bleibt es dem Zuschauer überlassen zu entscheiden, ob sie sich auch die Anstrengungen des Pendelns und all dessen Herausforderungen gleichermaßen teilen.
Im Kern steht jedoch ihre gegenseitige Unterstützung und das Bewusstsein, dass ihre Anstrengung trotz der Schwierigkeiten ohne Zweifel Wert hat. Das Verständnis füreinander und die Erkenntnis, welche kleinen Gesten helfen können, die Belastungen durch oft oberflächliche, aber letztendlich ärgerliche Vorkommnisse zu lindern, kann metaphorische Distanzen überbrücken, die in herausfordernden Zeiten unweigerlich entstehen.
SIGGRAPH: **Welche Techniken werden verwendet, um den Kampf zur positiven Einstellung inmitten von Trostlosigkeit während der Reise des Protagonisten in “Patterns” aufrechtzuerhalten, darzustellen?**
AG: Aus technischer Sicht habe ich unter Anderem Dutch Tilts, abrupte Kamerabewegungen, die durch plötzliche Geräusche ausgelöst werden, bedrohliche Kamerawinkel, vibrierende Dolly-Shots und Fisch-Eye-Perspektiven eingesetzt, um das Unbehagen des Protagonisten in dieser einschüchternden Umgebung zu verdeutlichen.
Visuell wollte ich seinen Geisteszustand als eine Blase darstellen, eine Kugel um ihn herum, die er aufrechterhalten muss – bunt und freundlich, aber surreal und übermalt, wenn er sich in seine gemusterte Welt zurückzieht; matt, grau, bedrängend und erdrückend, wenn seine Sinne überfordert sind und er in Verzweiflung gerät.
SIGGRAPH: **Welche Parallelen können zwischen den in “Patterns” dargestellten Kämpfen und den realen Herausforderungen gezogen werden, mit denen Einzelpersonen konfrontiert sind, wenn sie Arbeit, Reisen, Interaktionen, Leben und die Aufrechterhaltung einer positiven Einstellung in Einklang bringen?**
AG: Es ist alles eine Frage der Perspektive. Ich erinnere mich, dass ich den Film einem Freund zeigte, der erwähnte, dass er sich mehr mit dem „Armlehnen-Schläger“ identifizieren konnte als mit dem Hauptprotagonisten. Jeder hat seine eigenen Vorstellungen davon, was akzeptabel, tolerierbar und was eine perfekte Umgebung ist, in der er sich wohl fühlt.
Ob bei der Arbeit, auf Reisen oder in sozialen Interaktionen, das Erkennen, dass man die Beweggründe hinter Handlungen, die absichtlich gegen einen gerichtet erscheinen, nicht immer verstehen kann, hilft, unnötigen Ärger zu mindern und eine positive Einstellung aufrechtzuerhalten. Solch Motivationen könnten aus einer anderen Perspektive gar positiv oder unvermeidlich sein.
Zum Beispiel könnte der „Armlehnen-Schläger“ im Film einen schlechten Tag gehabt haben und braucht einfach Zeit, um sich ohne soziale Interaktion wieder aufzuladen. Der „Laut-Telefonierer“ könnte sich für seine Lautstärke schämen, spricht aber laut, um seinen Sohn am Telefon zu erreichen und zu begeistern. Das zockende Mädchen welches sich ihrer Umgebung nicht bewusst zu sein scheint, ist (wer weiß?) womöglich taub und realisiert nicht, dass ihr Spiel nicht stummgeschaltet ist; sie versucht nur im Spiel voranzukommen um später ihre Geschwister zu beeindrucken. Und der „Chips-Esser“ ist vielleicht nicht so empfindlich wie unser Protagonist, genießt einfach seinen Snack, was schließlich dazu führt, dass er eine Gleichgesinnte am Automaten entdeckt.
SIGGRAPH: **Was war Ihr Lieblingspart bei der Erstellung von “Patterns”?**
AG: Filmemacher sagen oft, dass sie nie vollständig mit ihren Filmen zufrieden sind und immer Bereiche sehen, die verbessert werden könnten. Das rührt zum Teil sicher auch daher, dass man dieses erste Erleben des Films – den initialen Moment, in dem Geschmack und direkte Reaktion und Wirkung womöglich notwendige Anpassungen leiten können – nie wieder im gleichen Maße einfangen kann.
Diese Klarheit und die Fähigkeit, seinem Geschmack und frischem Blick zu vertrauen, vergehen schnell, wenn man tief in die einzelnen Teile der Produktionspipeline eintaucht. Erfahrung übernimmt das Steuer, Struktur und Regeln werden angewendet und Kompromisse gemacht. Selbst nachdem die Geschichte sorgfältig ausgearbeitet, wiederholt umgeschrieben, Szenen erneut gerendert und Musik sowie Schnitte perfektioniert wurden, vergleicht mein innerer Kritiker unaufhörlich, was ich sehe, mit meinem ursprünglichen Ziel. Und was ich sehe, ist etwas, das ich – je weiter die produktion voranschreitet – bereits tausendmal gesehen habe. Er sagt mir, dass meine Bemühungen vergeblich sind und dass meine Arbeit nicht meinem ursprünglichen Entwurf oder den Standards eines großartigen Kurzfilms entspricht.
Aber dann teile ich den Film zum ersten Mal mit einem Publikum – meiner Familie, meinen Freunden – und sehe, wie ihre Augen sich mit Tränen, Freude und Begeisterung füllen. Er wird auf Festivals gezeigt, gewinnt Preise, und in diesen Momenten wird alles lohnenswert. Nicht nur wegen etwaiger externer Anerkennung, sondern weil ich sehe, dass diese ursprüngliche Vision, diese Atmosphäre und das Erlebnis, das ich mir vor Jahren vorgestellt habe, bis zum Ende durchgehalten hat.
Die Freude zu wissen, dass meine Arbeit mit Menschen resoniert, ist, was ich wirklich liebe und was mich antreibt, weiterhin Kurzfilme zu machen. Ein Teil vieler Zuschauer zu sein, diese Verbindung zu einem Kunstwerk oder seinem Schöpfer aufzubauen – obwohl es nie eine persönliche Begegnung gab – dieses Gefühl der Zugehörigkeit, des Verstehens, dass man eine scheinbar einzigartige Einsicht teilt, eine tiefere Bedeutung einfängt, selbst wenn nur für einen Moment. Ich schätze mich glücklich, beide Seiten dieser Verbindung erleben zu dürfen.
SIGGRAPH: **Was hoffen Sie, dass die Teilnehmer der SIGGRAPH 2024 von der Vorführung von “Patterns” im Electronic Theater mitnehmen?**
AG: Was im Kern der Erzählung liegt: Lass nicht zu, dass der „Armlehnen-Schläger“, „Chips-Esser“ oder „Laut-Telefonierer“ deinen perfekten Tag ruiniert. Jeder ist der Protagonist seiner eigenen Lebensgeschichte. Ich gewinne wenig daraus, solche Erlebnisse wiederzukäuen bis mein Kiefer schmerzt, und viel daraus, meine Geschichte auf das zu richten, was wirklich zählt.
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Geboren 1985 in Deutschland, ist Alex Glawion ein Regisseur, Autor und 3D-Animator mit Sitz in Frankfurt, Deutschland. Er schloss sein Studium an der Filmschule in Freiburg im Bereich Film & Animation mit Auszeichnung ab und unterrichtete 2012 3D-Animation & Compositing. Sein Diplomfilm “The Risk not Taken (2011)” wurde auf Festivals weltweit gezeigt, darunter das SIGGRAPH Computer Animation Festival, CINANIMA, Anibar, Motion Festival Cyprus und weitere. Seine animierten Kurzfilme “Armor Man (2020)” und “Color to the Sunset Sky (2021)” erhielten Auszeichnungen und wurden auf Festivals wie dem Hamburg Kurzfilm Festival, den Istanbul Film Awards, dem Paris Film Festival, BAMkids, dem Copenhagen Film Festival und dem Children’s Film Festival Seattle gezeigt.